Mónica Ferreras De la Maza

 Mónica Ferreras de la Maza    «Ecos de luz» / «Echos des Lichts» 

Mónica Ferreras ist eine Künstlerin, die in vielen verschiedenen Medien arbeitet. Sie schafft Kunstwerke, welche von ihren ganz persönlichen Erlebnissen sowie eigenen Erfahrungen tief geprägt sind. Es besteht ein fliessender Übergang zwischen ihrem kontinuierlichen, kreativen Kunstschaffen und ihrer Biographie. In ihrem Werk geht es nicht um die Abschottung der Kunst vom Leben, sondern um in die Kunstproduktion unmittelbar einwirkenden Reflexionen ihres Lebensweges. Die damit einhergehende künstlerische Direktheit und schöpferische Freiheit sind von grosser Relevanz für Mónica Ferreras, welche sich in ihren aktuellen Landschaftsdarstellungen widerspiegeln. 

Landschaftsmalerei 

Mónica Ferreras bezeichnet ihre neuen Arbeiten selbst als Landschaften. Doch was genau macht ihre Bilder eigentlich zu Landschaften? Sie kreiert Landschaften, welche nicht den herkömmlichen Vorstellungen von Landschaften entsprechen. Die unklaren Grössenverhältnisse im Bildausschnitt, die pflanzlichen oder organischen Formen, die vorwiegend wild auf der Leinwand zu schweben scheinen sowie der mehrheitlich fehlende Horizont – das charakteristische Merkmal einer Landschaft – irritieren. Eventuell könnte es sich um eine Landschaft, eine Art Zellstruktur, unter dem Mikroskop handeln, die mit dem blossen menschlichen Auge gar nicht ersichtlich ist, und nur die künstlerische Hand hat die Fähigkeit, sie für uns sichtbar zu machen. Das Publikum bleibt seinen Phantasien und Assoziationen überlassen. Die Intention der Künstlerin ist es, dass jede Betrachterin und jeder Betrachter ihrer idyllischen Landschaften seine eigene Geschichte schreibt, seinen eigenen Gedankenspielen nachgeht. 

Sie lädt die Betrachtenden dazu ein, ihre unterschiedlich gemalten und gezeichneten Landschaften gedanklich zu begehen, sich eingehend damit auseinanderzusetzen, um weitere Territorien, aber auch auf der formalen Ebene weitere Bildräume zu entdecken und zu erkunden. Der Blick soll Zentimeter um Zentimeter die Leinwand abgrasen. Es gleicht einem Spaziergang durch eine fantastische Welt, durch einen paradiesischen Garten, der an eine stilisierte Landschaftsmalerei aus dem Barock oder an die Paradiesvorstellungen der Künstler*innen aus dem 19. Jahrhundert erinnern mag. Demnach lassen sich Ihre Werke in der Tradition der Landschaftsmalereien durchaus verorten. Dessen ungeachtet sind die aussergwöhnlichen Landschaften von einer durchdringenden Gegenwartsnähe gekennzeichnet. Jeder findet sich in diesen wieder und nähert sich diesen an, ohne ein nötiges Vorwissen über Kunst abrufen zu müssen. Ihre Betrachtung gestaltet sich in der individuellen Wahrnehmung der einzelnen Person sehr intim, da jeder einzelne die Landschaften auf seine Art durchwandert, darin spaziert, sich ausruht, sich womöglich an Begegnungen erinnert oder sie sich ersehnt oder sich die Zeit fürs Besinnen nimmt. 

Mónica Ferreras gewinnt so auf eine eindrückliche Art und Weise ihren figurativen Landschaften ein neues Potenzial an Bildbetrachtung ab. Die gemalten Landschaften sind ihrer Phantasie entsprungen; auf den ersten Blick scheinen diese in Wirklichkeit nicht zu existieren. 

Aber woher wissen wir das so genau, und was ist, wenn sie eben doch an Orten vorhanden sind, die wir nicht kennen? Und ist der Behauptung standzuhalten, dass sie wirklich nicht bestehen? Oder anders gefragt: Spielt es eine Rolle für die Betrachtung, dass diese Landschaften möglicherweise nicht real sind? Die unterschiedlichen Darstellungen sind zwar Phantasien, werden aber in der dialogischen Rezeption mit ihrem Publikum dennoch imaginär in ihrem visuellen Raum zur Wirklichkeit. Das Oszillieren zwischen der Realität und der Ungewissheit ihrer Existenz verleiht den Kunstwerken einen ausgesprochenen existentiellen sowie selbstreferentiellen Bezug. Die Wahrnehmung der Dinge auf der Leinwand wird wichtiger als ihre Bedeutung. 

Farbe 

Die Aquarelle markieren einen künstlerischen, aber auch sehr persönlichen Wendepunkt in dem bisherigen Oeuvre von Mónica Ferreras, welchem ein einschneidendes Ereignis in ihrem Leben vorangeht. Der Tod der Mutter führte zu einem Stillstand in der Arbeit und zu einem Bruch in der bisherigen künstlerischen Schaffensweise in den verschiedenen interdisziplinären Medien, in welchen sie sich zuvor ausgedrückt hatte. Die Künstlerin hatte bis zu diesem Zeitpunkt ausschliesslich abstrakt gemalt sowie gezeichnet. Nun betrat sie absolutes Neuland. Die Figuration spielte bis anhin für sie keine Rolle. Die Wiederaufnahme der Kunstproduktion gründete sich in der schöpferischen Idee der Gestaltung von figurativen Landschaften. Sie erschuf die Möglichkeit, für sich Orte zu schaffen, in denen sie ihrer Mutter im geistigen Auge begegnen könnte. Die Phantasie-Landschaften entwickelten sich zu tröstenden und heilsamen Gefilden. Die Prächtigkeit der Farben, ihre Helligkeit, Klarheit und Reinheit wurden bewusst ausgewählt, um diese paradiesische und idyllische Wirkung zu erzielen. Glitzerpigmente in der Wasserfarbe verstärken zusätzlich die Leuchtkraft. Der Farbe wird somit einer Poesie teil, die sich ebenfalls in der Auswahl der Bildtitel abzeichnet. «Ecos de Luz», der Name ihrer Solo Show in der Galerie Eulenspiegel, nimmt diesen poetischen Aspekt wieder auf. Der von der Künstlerin pathetisch gewählte Titel reflektiert bereits im Namen selbst die Strahlkraft sowie die Tiefgründigkeit ihrer Landschaften. 

Umgeben von diesem Farbenrausch entsteht unmittelbar das Gefühl, in eine jenseitige Welt einzutauchen. In einem langen und ruhigen Arbeitsprozess wurde die Wasserfarbe Schicht um Schicht aufgetragen. Die Farbe ist ein grundlegendes gestalterisches Mittel in ihren Arbeiten. Als Dominikanerin ist sie nach eigener Aussage mit der Leuchtkraft von Farben innerlich verbunden und versucht, diese Verbundenheit auf das Publikum zu übertragen, indem sie die Strahlkraft der Farben zum Vorschein bringt. Ihre Sichtweise der Verbundenheit aller zieht sich durch das komplette Werk von Mónica Ferreras. Jedes ihrer Bilder weist sogenannte abstrakte Formelemente auf, die für sie und das Einfühlvermögen in die Landschaften sehr wesentlich sind. Sie bezeichnet diese Formen in Englisch als «beings», übersetzt in einem interpretatorischen Sinne als «Wesen». Diese Art Kristallisationspunkte versteht sie als Materie, aus welcher der Mensch besteht, und in die er sich nach seinem Ableben wieder verwandelt. Ihre Landschaftsdarstellungen verbinden uns alle in einem übergeordneten Sinne miteinander. 

Christiane Nicolette Klotz, September 2021