Rania Matar

Ein Mädchen und ihr Zimmer  von Rania Mater

Als Mutter von Teenagerinnen schaue ich ihnen zu, im Übergang aus der Kindheit ins Erwachsensein, fasziniert von der Transformation die stattfindet, von der erwachsenen Person, die Form annimmt, und vom allmählichen Selbstbewusstsein, das die sorglose Welt, die sie kannten und in der sie bis anhin lebten, ersetzt. Ich begann sie und ihre Freundinnen zu fotografieren und realisierte bald, wie sie sich ihrer gegenseitigen Präsenz bewusst waren, und inwiefern die Gruppe die Identität, die sie der Welt präsentierten, beeinflusste. Aus dieser Erkenntnis entstand die Idee, jedes Mädchen alleine, nur mit sich selbst, zu fotografieren.

Ursprünglich liess ich die jungen Frauen auswählen, wo sie sich fotografieren lassen wollten. Nachdem einige von ihnen ihr Schlafzimmer gewählt hatten, realisierte ich, dass das der Nexus eines Projektes war. Das Zimmer war eine Metapher, eine Erweiterung des Mädchens, aber das Mädchen schien auch ein Teil des Zimmers zu sein, da hineinzupassen, genau wie alles andere im materiellen und emotionalen Raum.

Ich entdeckte eine Person an der Schwelle zum Erwachsenensein, die sich aber verzweifelt an das Kind klammerte, das sie so kürzlich noch war. Eine Person an der Grenze zwischen zwei Welten, die versucht, sich mit dieser Übergangszeit in ihrem Leben zu arrangieren. Poster von Rockstars, politischen Führern oder von Topmodels hingen über dem Bett, das mit Plüschtieren bedeckt war; Spiegel, die das Image der Mädchen in die Welt hinaus spiegelten, waren ein wichtiger Teil des Zimmers; ebenso persönliche Gegenstände, Fotos, Kleider überall. Ein chaotisches Durcheinander von rosa und schwarzem Makeup und einfach nur Zeugs – das schien dem Zimmer ein Gefühl von Sicherheit und Wärme zu geben, wie eine Gebärmutter innerhalb der äusseren Welt.

Als ich diese Arbeit begann, richtete ich mein Augenmerk auf Teenagerinnen in den Vereinigten Staaten. Schliesslich weitete ich das Projekt aus und nahm auch Mädchen aus den zwei Welten, mit denen ich am vertrautesten war, an Bord, den zwei Welten die ich als junge Frau selber erlebt hatte: die Vereinigten Staaten und der Mittlere Osten. Auf diese Weise wurde das Projekt für mich persönlich. Ich war fasziniert von den ähnlichen Themen (ungeachtet ihrer Kultur, Religion oder ihres Hintergrundes), mit denen sich Mädchen in diesem Alter auseinandersetzen müssen. Sie lernen mit dem Druck umzugehen der entsteht, in der Zeit in der sie sich der Welt um sich herum bewusst und gewahr werden – wo auch immer das sein mag.

INVISIBLE CHILDREN 

Dieses Projekt mit dem Namen „INVISIBLE CHILDREN“ startete im Jahre 2014, als Rania Matar die syrischen Kinder und Jugendlichen auf den Strassen von Beirut aufgefallen sind. Sie bettelten um Geld, verkauften Rosen und wertlosen Schmuck oder boten an, mit ihrer verlotterten Ausrüstung die Schuhe auf Hochglanz zu polieren. Matar, die selbst Mutter von vier Kindern ist, die ein ähnliches Alter hatten wie die Kinder und Jugendlichen auf der Strasse, war zutiefst gerührt. Besonders traurig traf sie die Tatsache, dass diese Kinder identitätslos und unsichtbar wurden, fast schon eins mit den Graffiti-Wänden hinter ihnen. Die Kinder und Jugendlichen wirkten wie eine zusätzliche Schicht Farbe, Geschehnisse in der Vergangenheit, so unsichtbar und anonym wie halb abgekratzte Werbeplakate. Zusätzlich steckte man sie in die Schublade der „Flüchtlinge“, welches jedes Kind und Jugendlichen noch anonymer machte.

Born and raised in Lebanon, Rania moved to the U.S. in 1984. Originally trained as an architect at the American University of Beirut and at Cornell University, she studied photography at New England School of Photography and Maine Photographic Workshops. Matar’s work focuses on girls and women. Earlier projects recorded the lives of women and children in the Middle East. Over the past few years she completed A Girl and Her Room and worked on a more recent project L’Enfant-Femme. She is currently working on two new bodies of work: Women Coming of Age and on Faces From The Corniche a project based in Lebanon. An ongoing project is photographing her four children at all stages of their lives.