Regula Kaeser-Bonanomi

 

Zum Paradiesli führt ein steiler Aufstieg. Begleitet wird der Weg von Monden aus Keramik. Diese stammen von der Künstlerin Regula Kaeser-Bonanomi aus Münsingen. Dem Mond begegnen wir immer wieder im Schaffen der Keramikerin. Freunde des Para-diesli werden die lebensgrosse Frauenfigur auf der Bank vor dem ehemaligen Kinderheim, die den Gästen zuwinkt, bestimmt kennen und wissen, dass auf ihrem Kopf ein grosser Halbmond thront. Der Mond auf dem Kopf der Frau in Sigriswil auf der Bank wirkt wie ein lustiger Hut, den man nach Lust und Laune aufsetzen kann. Je nach Betrachtung kann er auch als Hörner gesehen werden, die nicht Aggression, aber Stärke symbolisieren. Anders wie die berühmteste Frau mit Mond – die Mondsichelmadonna – geht diese Frau namens Amala spielerisch und leicht mit dem Mond um und unterdrückt ihn nicht, son-dern lässt ihn sogar wortwörtlich sich über den Kopf wachsen. Für die Ausstellung wurde der Mond vervielfacht und zwar in den verschiedensten Mond-zyklen. So sehen wir einen Vollmond, diverse Halbmonde oder auch einen Schwarzmond. Die Anzahl der vorhandenen Monde ist keinesfalls zufällig. Es sind dreizehn an der Zahl, da der Mond die Erde in einem Jahr genau so viel mal um-kreist. Bei den Naturvölkern war der Mond am Himmelszelt nicht nur da, um das Jahr zu strukturieren, sondern war auch eine wegweisende Kraft, die einen Einfluss auf das Leben hatte. Er ist wortwörtlich ein Lebenswegbegleiter. Dass der Mond eine Kraft, ein ständiger Begleiter ist, versteht auch das junge Mädchen, welches der älteren Dame für die Aus-stellung dazugesellt wurde. Das Mädchen mit den himmelblauen Haaren spielt im Gras mit einer Mondsichel. Vielleicht setzt sie ihn auch gleich, wie die ältere Frau, als Hut auf? Dass die Künstlerin der älteren Frau gerade ein Mädchen gegenübersetzt, ist natürlich Absicht. Denn auch wir durchleben, wie der Mond, verschiedene Zyklen. Lebenszyklen, Monatszyklen, Tod und Leben, Werden und Gehen sind keine Polaritäten, sondern verschiedene Stadien im Grossen und Ganzen. Daher erinnern einige der Halb-monde an eine Barke, das Schiff, welches uns in die Anderwelt transportiert. Das Mädchen zeigt des Weiteren etwas ganz Elementares: Wir sollen nicht nur hinschau-en, sondern – so der ausdrückliche Hinweis der Künstlerin – wir sollen auch anfassen und mit der Keramikkunst interagieren – so wie das Mädchen und die Dame. Gerne darf man sich neben dem Mann ins Gras legen und selbst zum Falken werden. Gerne darf man en Bär und die anderen Tiere streicheln oder mit dem Samenmädchen nach dem Polarstern Ausschau halten. So wird aus dem Unverständlichen – Nacht, Tod oder Kunst – etwas Heimeliges und Ver-trautes. Etwas, womit man spielen und experimentieren kann. Das Unfassbare und Un-sichtbare wird bei Regula Kaeser Bonanomi fassbar und somit wortwörtlich begreifbar.